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Das Bentheimer Paradox

„Frankreich ist ein Paradies, das von Menschen bevölkert ist, die sich in der Hölle glauben“. So zitiert die Welt am Sonntag  am 12.1. einen bemerkenswerten Satz des  französischen Schriftstellers Sylvain Tesson. Und weiter: „Hat man unter dem french paradox einest die hohe Lebenserwartung trotz hohen Weinkonsums verstanden, darf man das Wort heute als Ausdruck eines gesellschaftlichen Widerspruchs auslegen: Wir jammern, also sind wir.“

Fließt in den Adern der Bentheimer*innen noch das Blut der Hugenotten? Bei vielen Gelegenheiten hört man Missfallen, Klagen und oft auch -ich kann es leider nicht anders beschreiben- Meckereien.  Während bei den Franzosen „weder Austern noch Fakten zu einem kollektiven Wohlbefinden führen“, sind es in Bad Bentheim die aus meiner Sicht zahlreichen positiven Entwicklungen in den letzten circa zwölf Jahren, die die Laune zahlreicher Mitbürger*innen nicht heben, sondern verderben. Vor einigen Monaten reagierte ich mit einer E-Mail auf das Pauschalurteil eines alten Freundes. Bentheim habe sich schlecht entwickelt, meinte er. Stimmt überhaupt nicht, so meine Antwort. Im Gegenteil! Meine (hier ergänzte) Antwort:

  • Zahlreiche Gebäude wurden mit Hilfe des Städtebauprogramms von privater Seite saniert: Franziskushospital, Haus Holtkamp, Rentamt, Amtsgericht, Finanzamt, Haus Stoltenkamp, ehemals Pizzeria Vito,  Bistro 1,2,3 und weitere.
  • Etliche Straßenzüge wurden vorbildlich saniert: Ochtruper Straße oben, Gildehauser Straße, Stoltenkampstraße, Wilhelmstraße.
  • Der Schloßpark wird in den nächsten Jahren noch attraktiver durch das Programm „Stadtgrün“.
  • Der Bahnhof erstrahlt in altem Glanz und ist ein Verkehrsknotenpunkt für die Region.
  • Das Bahnhofsumfeld und vor allen Dingen das Kaiserhofgelände sind vom Schmuddelimage befreit. Der Kaiserhof wird saniert.
  • Wir haben eine moderne Grundschule in Bentheim gebaut. In Gildehaus folgt eine neue Wettkampfhalle.
  • Im Krippen- und Kindergartenbereich wird laufend investiert. Am Kaiserhof entstand eine neue KITA.
  • Die Stadt wurde durch Tourismus erheblich belebt. „Frag mal die Gastronomen!“ Ohne florierenden Tourismus sähe es in der Bentheimer Gastronomie noch schlechter aus. Übrigens zum Nachteil der Einwohner.
  • Das Thermalsole- und Schwefelbad expandiert und ist ein großer Trumpf unserer Stadt: Fachkliniken mit inzwischen über 500 Betten, hunderten qualifizierten Arbeitsplätzen, Therapiezentren, Mineraltherme. Auch zum Nutzen der Einwohner.
  • Das Gewerbegebiet Westenberg boomt. Die Arbeitsplätze und Steuereinnahmen will bestimmt niemand missen. Ein Windpark ist dort entstanden.
  • Das marode Freibad in Bentheim und  das Hallenbad in Gildehaus, beide an den ehemaligen Standorten keinesfalls sanierungsfähig, wurden durch einen Badepark ersetzt.
  • „Das Schloßparkcenter hat Kaufkraft nach Bad Bentheim zurückgeholt“, sagt Falk Hassenpflüger, der Interessenvertreter der Gewerbe- und Handeltreibenden von der Industrie- und Handelskammer Osnabrück.
  • Mit dem Treff 10 haben wir ein tolles Jugend- und Kulturzentrum.
  • In der Ochtruper Straße wurde ein Haus für Wohnungslose und somit Notfälle renoviert.
  • Der Familienpass wurde eingeführt. Viele Kinder aus wirtschaftlich schwachen Familien können  durch ihn seitdem beispielsweise Musikschulunterricht nehmen.
  • Die Freilichtbühne konnte auch dank öffentlicher Unterstützung enorm modernisiert werden.
  • Die Dorfgemeinschaftshäuser wurden saniert und werden von der Dorfbevölkerung reichlich genutzt. Als letztes folgt noch Bardel.
  • Endlich gibt es wieder Bauplätze für unsere jungen Familien, die bauen wollen. Der Wohnungsmarkt wird dadurch entlastet. Bei Mehrfamilienhausbebauungen hat die Stadt dafür gesorgt, dass sich Grundstückskäufer zum Bau von mind. 25 % Sozialwohnungen verpflichten. Wohnen bleibt durch diese Maßnahmen bezahlbar. Der Bauverein leistet unverändert hervorragende Arbeit.

Die „Liste der positiven Stadtentwicklung“ ließe sich problemlos fortsetzen. Deutlich werden viele richtige politische Entscheidungen und die Maßnahmen der Stadt und anderer öffentlicher Träger. Vor allen Dingen sind es aber  Institutionen, Unternehmen, Vereine, Gesellschaften und auch Privatpersonen und Investoren, die zu der aus meiner Sicht sehr guten Entwicklung der Stadt beigetragen und sie ermöglicht haben. Und gerade diejenigen, die investieren und zu einer guten Stadtentwicklung beitragen, rufen Kritiker auf den Plan. Wahrnehmung und Fakten stimmen nach meiner Beobachtung häufig nicht überein. Ein Paradox!

Nun gibt es zweifellos genug Probleme und ungelöste Aufgaben in der Stadt. Die Liste reicht von erforderlichen Schulsanierungen bis zu maroden Fußwegen und schlecht ausgebauten Radwegen. Das „Stadtentwicklungskonzept Bad Bentheim 2035“, einstimmig im Stadtrat verabschiedet, gibt Auskunft dazu. Schön wäre es, wenn die Aufgaben mit Optimismus angegangen werden und Nörgeleien durch sachliche Kritik, interessierte Begleitung oder sogar Mitwirkung ersetzt werden.

 

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Schule, die Spaß macht – Gedanken zum Schulstart in diesen Tagen

Am Samstag war es mal wieder soweit:  Über 1100 Grafschafter Kinder wurden eingeschult. „Der Ernst des Lebens“ durfte beginnen. So wurde zumindest vor  über 50 Jahren geredet, als ich erstmals durch diese Tür  (Foto) eine Schule betreten durfte. Einiges hat sich seitdem in der Schullandschaft getan und dennoch sind wir von einer Schule, die den Kindern, Eltern, der Gesellschaft und auch den Lehrern gerecht wird weit entfernt. Mehrfach habe ich in meinem Blog  den meines Erachtens enormen Reformstau in der Bildungslandschaft beschrieben, so beispielsweise am 31. Mai 2013. In dem Blogeintrag unter der Überschrift „Mit Visionen in die Schule gehen“ habe ich auf die „19 Thesen zur Zukunft der Schule“ des Frankfurter Bildungsrates  hingewiesen. Erschreckend wenig hat sich seitdem getan. Einige Beispiele:

Kindern aus bildungsfernen Schichten und/oder mit Migrationshintergrund müssten bessere Chancen gegeben werden, Begabungen müssen stärker ausgeschöpft werden.  Das ist ein dringendes soziales, ethisches, bildungspolitisches und ökonomisch bedeutsames Erfordernis. Es bleiben viel zu viele Bildungsverlierer zurück. Und begabte und besonders begabte Kinder müssen aus denselben Erfordernissen stärker gefördert werden.

Fächerübergreifende Kompetenzen werden wichtiger gegenüber dem Spezialwissen in einzelnen Fachgebieten. Schlüsselqualifikationen, die ausgebaut werden können, gewinnen an Bedeutung.

Das gegliederte Schulsystem muss verbessert werden. Ganztagsschulen mit einem umfassenden Angebot, das neben dem Wissenserwerb in Schulfächern die Kinder im künstlerischen, sportlichen, kulturellem und sozialen Bereich fördert sollte die Zukunft gehören. Schule, die Spaß macht und auf das Leben vorbereitet müsste das Ziel sein. Wir sind erschreckend weit davon entfernt! Stattdesssen gilt trotz aller begrüßenswerten Verbesserungen noch der eingangs erwähnte Spruch vom „Ernst des Lebens“.

Und natürlich müssten Lehrer auf diesem Weg mitgenommen werden. Stundenausfälle, Abordnungen, Zeitverträge, unzureichende Entlohnung im Primarbereich, unbesetzte Leitungsstellen-es gäbe viel zu tun.

Sind das unrealistische Erwartungen? Utopien oder Visionen? Bildungspolitische Träumereien, die ohnehin nicht am Ort umzusetzen sind? In einigen Bereichen bedauerlicherweise schon, in anderen Bereichen lassen sich auch am Ort Weichen für eine bessere Zukunft der Schule stellen. Immerhin schicken wir uns in Bentheim an, eine neue Sekundarschule zu bauen, nachdem wir erst vor einigen Jahren eine neue Grundschule gebaut haben und der Landkreis erheblich in ein modernes Burggymnasium investiert hat. Somit besteht immerhin die Chance, wesentlich verbesserte Voraussetzungen für eine zukunftsfähige Schule schaffen zu können. Natürlich können wir am Ort am Rädchen mitdrehen! Der große Schwung  müsste aus anderer Richtung kommen, wird jedoch vorausichtlich ausbleiben und durch eine Politik der kleinen Schritte ersetzt. Ein Millardenprogramm hier und zusätzliche Einstellungen dort. Aber Kinder, die sich auf die Schule freuen, dort wirklich für ihr Leben lernen und einen Abschluss erreichen, der ihren Begabungen und Interessen entspricht-das bleibt eine Vision.

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