Monatsarchiv: Oktober 2012

Goldener Oktober

Passend zum Oktobersonntag einige Herbstimpressionen vom Sonntagsspaziergang im Arboretum  de Lutte und aus dem Bentheimer Hausgarten. Und dazu noch zwei klassische Herbstgedichte – viel mehr braucht es nicht an diesem Sonntag!

Herbstbild

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.

O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.

Friedrich Hebbel
(1852)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Oktoberlied

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!

Und geht es draußen noch so toll,
Unchristlich oder christlich,
Ist doch die Welt, die schöne Welt,
So gänzlich unverwüstlich!

Und wimmert auch einmal das Herz –
Stoß an und lass es klingen!
Wir wissen’s doch, ein rechtes Herz
Ist gar nicht umzubringen.

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!

Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
Es steht die Welt in Veilchen.

Die blauen Tage brechen an,
Und ehe sie verfließen,
Wir wollen sie, mein wackrer Freund,
Genießen, ja genießen!

Theodor Storm
(1848)

Ein Kommentar

Eingeordnet unter Bad Bentheim

Der Name bleibt – die Diskussion geht weiter (hoffentlich anders)

Vor genau 12 Jahren hat der Autor dieses Blogs im Verwaltungsauschuss der Stadt Bad Bentheim die Frage aufgeworfen, ob die Carl-Diem-Straße in unserer Stadt nicht aufgrund der Verfehlungen des Namensgebers in der Nazizeit umbenannt werden sollte. Daraufhin wurden die Anwohner befragt, die sich nach Auskunft der Verwaltung ganz überwiegend negativ zur Umbenennung äußerten und besonders praktische Aspekte für ihre Haltung anführten. Auch der Hinweis auf historische Quellen, die Diems Verstrickungen in das System belegen, änderte an dieser Haltung nichts. Nach einigen Diskussionen in städtischen Gremien (Fraktion und Verwaltungsausschuss) wurde von mir (der Autor) aufgrund des eindeutigen Anliegervotums kein weitergehender Antrag gestellt. Das war soweit ein teilweise frustierender Vorgang, denn die Haltung der Anwohner war schon damals nach Studium der Geschichtsforschung schwer nachvollziehbar, ja geradezu ernüchternd. Ganz ehrlich: erschütternd. Andererseits gab es ermunternde Unterstützung für eine Namesänderung aus allen Fraktionen. – Nun, die Sache ruhte.

Was hat sich gegenüber der Situation im Jahre 2000/2001 geändert, um nunmehr in der entscheidenden Ratssitzung für eine Umbennenung zu stimmen? Zunächst kamen Anregungen hierzu von außen, nicht aus dem Rat heraus. Gerade die ausführliche Begründung eines jungen Bentheimers sorgte ebenso für eine erneute Diskussion wie eindeutige Meinungsbekundungen aus den Fraktionen und des Bürgermeisters. Und es gibt neue wissenschaftliche Stellungnahmen, so im Auftrage der Deutschen Olympischen Gesellschaft durch den Historiker F. Becker. Auszug aus einem Interview der Zeit im November 2011:

„ZEIT ONLINE: Was wiegt in der Bewertung der Person Diem schwerer: Seine Verdienste für den deutschen Sport oder seine Verstrickungen mit dem NS-Regime?

Becker: Wenn man heute die geschichtspolitische Frage stellt, ob Diem noch als Vorbild taugt, dann wirken seine Verfehlungen stärker. Es ist heutzutage nicht erträglich, jemanden zu ehren, der in seinem Leben viele antisemitische Äußerungen getätigt, der im Nationalsozialismus engagiert mitgetan und kurz vor Kriegsende eine Durchhalterede vor Hitlerjungen gehalten hat. All diese Dinge sind inakzeptabel und man kann sie nicht durch Verdienste aufwiegen.

ZEIT ONLINE: Besonders umstritten ist die Sparta-Rede, mit der Diem Volkssturmmänner und Hitlerjungen in die Schlacht um Berlin und somit in den sicheren Tod geschickt haben soll. Was macht Sie so sicher, dass er diese Rede auch wirklich gehalten hat?

Becker: Es gibt zwei Quellen, die diesen Sachverhalt unabhängig voneinander belegen. Da ist einmal der Zeuge Reinhard Appel, der als Hitlerjunge vor Diem gestanden hat. Er sagt, es soll eine flammende Rede gewesen sein. Dann gibt es zweitens ein Stichwortmanuskript von Diems eigener Hand. Darin wird die Rede skizziert. Diem sprach über die Jugenderziehung in Sparta, die militärisch geprägt war und Opferwilligkeit für das Vaterland forderte. Er verglich sie mit der Jugenderziehung in den Organisationen des NS-Staates. Während er diese Rede hielt, hörte man in Berlin schon das Artilleriefeuer der Sowjets, die an der Oder standen. In diesem Kontext konnte eine solche Rede nur als Durchhalterede verstanden werden.“

Das vollständige Interview kann hier nachgelesen werden:

http://www.zeit.de/sport/2011-12/interview-becker-diem-nazi

Auch wenn der Olympische Sportbund mit der Arbeit Beckers nicht gänzlich einverstanden war, hieß es doch in einer Erklärung vom 31.1.2012 eben des Olympischen Sportbundes; dass man sich „nicht zu einer ablehnenden oder zustimmenden Umgang mit Carl Diem durchringen könne und Namensgebungen oder -änderungen weiter den betreffeden Institutionen und Organisationen vorbehalten bleiben soll“ (zitiert nach Studien zur Geschichte des Sports, Lit Verlag, Münster 2012). Eben!

Der Autor stimmt der Einschätzung des Historikers zu: Carl Diem ist kein würdiger Namensgeber für eine Straße in Bad Bentheim. Wir wären besser dem Beispiel vieler Städte wie Köln, Münster und Frechen gefolgt und hätten  die Straße umbenannt. Der Rat hätte die Entscheidung eines Vorgängerrates durchaus revidieren können. Die Entscheidung ist selbstverständlich demokratisch (nicht diktaktorisch wie die CDU-Ratsfrau Helena Hoon bemerkte) gefallen und gilt entsprechend. Die Diskussion im Rat verlief mit den Wortbeiträgen aus SPD, Grünen und CDU angemessen. Fraglich wird bleiben, ob eine breitere Befassung der Einwohnerschaft, zum Beispiel auch mit Schulprojekten, hilfreich gewesen wäre oder ob nicht eine längere Diskussion für unvertretbaren Unfrieden gesorgt hätte. Weitere Fragen drängen sich auf. Einige Beispiele: Warum fallen einzelne betroffene Anlieger (einzelne!) in Wort und Schrift dermaßen aus der Rolle und missachten Grundregeln des Anstands? Sollen wir Straßen überhaupt noch nach Personen benennen? Können wir, müssen wir Rückschlüsse daraus ziehen, welche Auseinandersetzungen uns erwarten, wenn wir anläßlich des Stadtrechtsjubiläums 2015 endlich die dunklen Seite der Stadtgeschichte aufarbeiten werden? Es bleibt spannend – und vielleicht auch kontrovers. Und das ist gut so!

 

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Bad Bentheim

Was lange währt, wird endlich gut + Irren ist menschlich

Was lange währt, wird endlich gut. Das gilt auch für einige Projekte in Bad Bentheim.

Beispiel Nummer 1: Samstag konnte nun die neue Grundschule offiziell eingeweiht werden. Fünf Jahre sind seit den ersten Diskussionen um einen Neubau als Ersatz für den in die Jahre gekommenen Schulbau in der Marktstraße vergangen. Eine moderne, helle und freundliche Grundschule bietet jetzt tolle Lern- und Lehrbedingungen. Eine Reihe richtiger, und zum Teil umstrittener Entscheidungen war dafür erforderlich. An einem entscheidenden Punkt konnte sich eine Mehrheit aus SPD und Grünen nur ganz knapp im Rat durchsetzen. Zuvor hätte eine Entscheidung für ein Einkaufszentrum nahe der Feuerwehr schon die Voraussetzungen für den Erwerb der Marktstraßenflächen durch K+K   und somit für die Neubaupläne der Grundschule verhindert. Das war nur von Hellsehern vorhersehbar, aber gleichwohl -zugegebenermaßen- die richtige Entscheidung. So hat der  Bau der neuen Grundschule viele Väter und Mütter.

Beispiel Nummer 2: Tatsächlich wurden jetzt auf dem Rathausplatz neue Bäume gesetzt. Nach Überzeugung des Autors dieser Zeilen ein lange überfälliger Schritt, denn der Bereich rund um den Rathaus- oder Pariser Platz gilt keinesfalls als gelungenes Beispiel der Stadtentwicklung. „Das Beste daraus machen“ kann da nur die Devise sein. Und etwas Grün trägt sicher zu einem optisch angenehmeren Gesamtbild bei. Gleichwohl: Das hätten wir auch früher haben können. Hier ein Auszug aus dem Protokoll der 8. Sitzung des Bau- und Planungsausschusses der Stadt Bad Bentheim am 11.05.1998 im Sitzungssaal des Rathauses: „Nach einer eingehenden Ortsbesichtigung beantragte Herr P., auf der Westseite des Platzes Säulenbuchen zu setzen, wie es die Kreissparkasse beantragt habe. Auf der Ostseite sollten 2,50 Meter von der Hauswand des neuen Gebäude entfernt insgesamt vier Kübel mit den gleichen Bäumen aufgestellt werden,…..“ Es entwickelt sich eine Diskussion, in der seitens der Grünen eine Fassadenbegünung mit Kletterpflanzen ins Gespräch gebracht wurde und von der Verwaltung darauf hingewiesen wurde, dass die Aufstellung von Kübeln dort unmöglich sei. Dennoch: „Herr P. hielt seinen Antrag aufrecht, auf der Ostseite des Platzes jeweils gegenüber denen auf der Westseite Säulenbuchen in Kübeln aufzustellen.“ Und dann hält das Protokoll fest: „Dieser Antrag wurde zur Abstimmung gestellt und mehrheitlich abgelehnt“. Der Protokollant meinte es gut mit Herrn P., denn es gab nur eine einzige Stimme für den Antrag zur Aufstellung weiterer Bäume, nämlich die eigene Stimme des Antragstellers P. Kein Parteigenosse fühlte sich zumindest zu einer Stimmenthaltung verpflichtet. Immerhin: der als Gast in dieser Ausschussitzung anwesende Ratsherr Herr R. gab unterstützend zu Protokoll: „Auch sollten die Bäume vor der Kreissparkasse einen Gegenpol auf der anderen Seite des Platzes erhalten.“ Es fand sich dann als Lohn für das mutige und einsame  Vorpreschen  im Beschluß (!) die Formulierung…“Die Frage der Begrünung der Ostseite des Platzes ist weiter zu verfolgen“.

Tja, und das hat dann 14 Jahre gedauert. Und aus der Ostseite wurde die Nord- und Südseite, darauf muss man ja erst einmal kommen. Mit der Gestaltung der Innenstadt und den Gebäuden dort müssen und können wir inzwischen leben, die zusätzlichen Bäume werden  sicher etwas dazu beitragen.

„Was lange währt wird endlich gut“. Oder „…wird endlich etwas besser“, könnte man feststellen und gleichzeitig einen Gruß nach Italien an Ratsherrn R. schicken.

Manche Dingen müssen sich wohl langsam entwickeln und darauf warten, dass die Zeit reif wird für Entscheidungen. Weitere Beispiele aus der Bentheimer Lokalpolitik hierfür folgen in den nächsten Wochen. Im Rathaus und hier im Bentheim-Blog.

Und hier die Nord- und Südseite des Platzes mit den frisch gepflanzten Säulenbuchen, die hoffentlich kräftig wachsen und viel Grünmasse entwickeln werden:

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Bad Bentheim