Ich gebe es zu: in der gestrigen Ratssitzung habe ich zwischendurch mehrmals meine Tagesschau-App in Erwartung guter Nachrichten aus den USA aufgerufen. Und tatsächlich beruhigten einige Zwischenergebnisse, wenngleich ich dem amerikanischen Schriftsteller Tom Boyle leider zustimmen muss. Er bezeichnete die Präsidentenwahl unabhängig vom Ausgang schon jetzt als „Desaster für unsere Demokratie“. Beschädigt ist in meinen Augen einmal mehr die Demokratie weltweit. Durch die Wahl mit all seinen unrühmlichen Begleitumständen und erst recht durch die Politik eines Präsidenten der früheren Führungsmacht der freien Welt wurde und wird das Vertrauen in demokratische politische Entscheidungsprozesse schwer erschüttert.
Welch ein Gegensatz zwischen diesen Entwicklungen in den USA und den zwar oft umstrittenen, aber überwiegend auf Ausgleich und Akzeptanz ausgerichteten Entscheidungsprozessen auf dieser Seite des Atlantiks. Und ein kleines, für uns Bentheimer*innen dennoch nicht unbedeutendes Rädchen dieser funktionierenden Demokratie war an diesem herbstlichen Mittwochabend im Forum der Bentheimer Stadtrat. Der Rat beschäftigte sich fast vier Stunden lang unter anderem mit den Grundlagen eines aktualisierten Raumordnungsprogramms, mit Fakten zur Fortschreibung des Wohnraumversorgungskonzeptes und mit Prognosen zur Kitakinder- und Schulkinderzahlen. All das sind Grundlagen für weitreichende Entscheidungen in unserer Stadt, die Einfluss auf wichtige Lebensbereiche aller Einwohner*innen haben. Entscheidungen werden auf der Basis von Fakten vorbereitet. Das ist mühsam, erfordert hohen Aufwand aller Beteiligten und am Ende möglicherweise Zugeständnisse und Kompromisse. Das Ergebnis sind in der Regel transparente Entscheidungen nach Faktenlage, die gerade deshalb akzeptiert werden können.
Welch ein Unterschied zu einer Politik mit ständigen Falschinformationen und Diffamierungen, die nicht einmal das Votum der Wähler*innen akzeptiert. Wir haben ausgelernt vom ehemaligen Lehrmeister und das politische System emanzipiert. Jetzt können wir noch lernen, wie es nicht laufen darf. Lieber rauchende Köpfe als rauchende Colts!
